13
Feb
2011

Über den Tellerrand: Wie Deutschland die Europäer verarmen lässt

Mein neuer Blogeintrag, zuerst erschienen auf freitag.de: http://t.co/fXZuwli
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In den letzten Monaten sind die Themen Mindestlohn, Hart-IV-Reform, Finanz- bzw. Eurokrise immer wieder in den Schlagzeilen aufgetaucht. Gemeinsam mit der Arbeitsmarktsituation stellen diese Themen eine gemeinsame Gemengelage dar, die in der medialen Hysterie und nationaler Berliner Nabelschau oft übersehen wird. So hat die Bundesregierung im letzten Jahr auf europäischer Ebene komplett versagt. Dies ist kein Zufall, sondert Resultat ideologischer Scheuklappen und eines durch Industrielobbyisten gesteuerten Politikverständnisses. Dem liegt die Auffassung zu Grunde, dass die gegenwärtige Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt allein auf die politischen und strukturellen Maßnahmen seit den Hartz-Reformen sowie den zurückhaltenden Tarifabschlüssen seit der Wiedervereinigung zurückzuführen sei. Folglich wird die schlechte finanzielle Situation anderer EU-Mitgliedstaaten auf deren Haushaltspolitik geschoben und zum allein selig machenden Weg aus der Eurokrise erklärt (siehe: www.freitag.de/politik/1106-perversion-einer-idee). Darüber hinaus wird in Irland auf Druck der Geber nun sogar der Mindestlohn eingestampft.

Nicht nur steht Deutschland bei der Entwicklung der Reallöhne seit Jahren als Schlusslicht in der EU dar, es ist sogar das einzige Land mit einer negativen Lohnentwicklung ( www.eu-info.de/deutsche-europapolitik/umfragen-statistiken-deutschland/reallohn/ ). Dies ist auf die Folgen der Hartz-IV Reformen zurückzuführen wie auf das Fehlen eines flächendeckenden Mindestlohns. Die Produktivität wird also weiter gesteigert, während der Export in den Euroraum aufgrund der günstigen Produktionskosten weiter zunimmt. Selbst Kommentatoren in der Financial Times Deutschland sehen diese Entwicklung als Problem für die Eurozone (www.ftd.de/politik/deutschland/:kolumne-muenchau-hartz-iv-vergiftet-europa/50178924.html). In der Analyse kommt man also zu dem Schluss, dass Deutschland dringend Lohnsteigerungen durch einen flächendeckenden Mindestlohn durchsetzen muss und erhebliche Änderungen am Hartz-IV-System anstehen - will man denn weiter Käufer für deutsche Produkte im In- wie im EU-Ausland finden. Im Moment werden in Deutschland staatlich subventionierte Billigarbeitsplätze geschaffen, die zur Verlagerung von Betrieben nach Deutschland einladen. So haben sich bereits eine Reihe dänischer Betriebe in Deutschland angesiedelt, weil niedrig qualifizierte Arbeitskräfte hier kostengünstiger sind(bereits seit 2005 Thema: www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,338621,00.html).

Diese "deutschen Verhältnisse" sorgen also auf Dauer dafür, dass in den europäischen Nachbarstaaten die Löhne ebenfalls gesenkt werden müssten, wenn mit deutschen "Dumpingimporten" mitgehalten werden soll. Skandalös daran ist vor allem die Tatsache, dass in Deutschland Arbeitsplätze entstehen, von denen die Menschen nicht leben können. Statt aber eine wirkliche europäische Wirtschaftsregierung anzustreben und die tarifpolitische wie lohnpolitische Schieflage zu beseitigen, zieht es die Bundesregierung vor, die anderen Euroländer unter Druck zu setzen und jeglichen europapolitischen Kredit durch unabgestimmte Pakterklärungen zu verspielen. Lange war die Stimmung gegenüber einer deutschen Regierung in Europa nicht mehr so schlecht - wenn überhaupt je. Wenn sich daran etwas ändern soll, im Sinne Europas und der Menschen in Deutschland, muss sich die Bundesregierung von ihrer Politik der Durchsetzung von Lobbyinteressen verabschieden. Das wird sie nicht tun. Es wäre zu vernünftig.
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